Warum werden strategische Entscheidungen immer wieder aufgeschoben?
Das Geschäftsleben ist heutzutage absurd schnelllebig geworden. Destruktive Innovationen aus fremden Branchen überrollen einen plötzlich von heute auf morgen lawinenartig. Strategische Entscheidungen sind daher wichtiger denn je geworden. Aber warum werden sie immer wieder auf die lange Bank geschoben?
Dieser Blogpost wurde von Autor Kourosh Ghaffari geschrieben.
Unlängst war ich auf einem Fach-Kongress und es ging um die Zukunft der Banken.
Strategisch betrachtet, steht die Bankbranche desolat da. Von Paypal und Handy als Geldbeutel über FinTechs bis hin zu digitalen Währungen und Blockchain: Keine mir bekannte Innovation der Vergangenheit, die das Bankgeschäft nachhaltig getroffen hat, oder treffen wird, stammt von einer Bank. Wir lesen von Banken keine anderen Meldungen außer, dass sie sich hier verspekuliert haben und dort verklagt werden.
Bekommt eine Bank einen neuen CEO, dann verkündet er operative Entscheidungen: Mitarbeiter sollen entlassen und Filialen geschlossen werden. Zukunftsweisende und strategische Entscheidungen? Weit und breit keine Spur.
Warum ist das aber so? Warum werden strategische Entscheidungen immer wieder auf die lange Bank geschoben?
Wann ist ein Thema (noch) strategisch und wann ist es (bereits) operativ?
Das ist sicherlich Ansichtssache. Eine genaue Abgrenzung ist mir nicht bekannt. Plakativ veranschaulicht anhand des Themas „Digitalisierung der internen Abläufe“:
- Der Unternehmer, der sich 1985 mit dem Thema beschäftigt hat, war ein Visionär!
- Der, der sich 1995 damit beschäftigt hat, hatte ein strategisches Thema vor sich.
- Der, der 2005 das Thema auf dem Tisch bekam, hat es direkt als ein operatives Thema nach unten an seine Leitenden weiterdelegiert.
- Und der, der sich erstmalig 2015 damit beschäftigt hat, wurde wohl vom Unternehmenssanierer dazu genötigt.
Was macht strategische Entscheidungen so schwierig?
Operative Entscheidungen betreffen das Tagesgeschäft, indem man sich gut auskennt. Das, worüber man entscheidet, ist als Thema im Markt etabliert. Man hat Alternativen zur Verfügung. Man hat Zugang zu Zahlen, Daten und Fakten. Man greift auf Erfahrungswerte zurück.
Das Problem ist eher die Komplex-Kausalität von Ursachen und Wirkungen in einem Unternehmen. Die im Buch beschriebene induktive Methode ist daher bestens geeignet, um derartige Entscheidungen gut und fundiert vorzubereiten.
Strategische Entscheidungen hingegen beschäftigen sich mit dem, was man nicht kennt. Es ist der Blick in die Kristallkugel. Hierbei brauchte man sich früher „nur“ mit den Akteuren in der eigenen Branche zu beschäftigen. Über die Feedbacks der Kunden hatte man einen guten Zugang zu Marktentwicklungen. Trends zu erkennen war nicht leicht, aber möglich.
Heutzutage ist alles absurd schnelllebig und komplex geworden. Dank Internet, Digitalisierung, Globalisierung & Co. überrollen destruktive Innovationen aus fremden Branchen und Märkten einen plötzlich von heute auf morgen lawinenartig.
Die Gretchenfrage: Wer trägt die Verantwortung?
Sich mit strategischen Themen zu befassen, ist superspannend. Jeder im Unternehmen würde am liebsten seinen Senf dazu abgeben. In unzähligen Sitzungen werden hitzige Debatten geführt.
Aber die Konsequenzen einer solch unsicheren Entscheidung zu verantworten, das möchte niemand!
Daher plädiere ich im Buch für eine Person, die für strategische Entscheidungen auserkoren werden sollte. Das ist zwangsläufig der Fall bei einzelinhabergeführten mittelständischen Unternehmen. Und das ist das Prinzip des CEO im anglosächsischen Raum.
Bereits bei zwei Geschäftsführern eines mittelständischen Unternehmens sitzt man womöglich in der obigen Falle und diskutiert und diskutiert, anstatt Entscheidungen zu treffen. Ganz zu schweigen von Vorständen von Großkonzernen, die selten über die eigene Linienverantwortung hinaus denken und handeln (dürfen).
Damit schließt sich auch der Kreis zu eingangs beschriebener Situation der Bankhäuser.
- Von Mittelstand bis Großkonzerne: Über 25 Jahre Beratungserfahrung als (Investment-) Banker und B2B-Key-Account- und Vertriebsmanager.
- CEO einer mittelständischen Großhandels- und Logistikfirma.
- Coach, Business Coach, Lehrbeauftragter der Fachhochschule Schmalkalden (Personalmanagement, Kommunikation).
- Seit 2011 selbstständig als Unternehmer-Sparringspartner & Co-CEO auf Zeit.